Kritikgespräche als Führungskraft meistern
Als Führungskraft ist es manchmal nötig, Mitarbeiter:innen zu kritisieren. Doch nur konstruktive Kritik kann vom Gegenüber für Verbesserung genutzt werden. Auch die Formulierung spielt eine wichtige Rolle: ist das Missfallen spürbar, kommen schnell Emotionen ins Spiel. Die folgenden Tipps helfen dabei, mit Mitarbeiter:innen erfolgreich Kritikgespräche zu führen.
Kritikgespräche: die Königsdisziplin unter den Mitarbeitergesprächen
Konflikte lassen sich überall dort, wo Menschen zusammenarbeiten, kaum vermeiden. Viele sind jedoch hausgemacht, denn oft handelt es sich um verschleppte Probleme, die nicht zeitnah aufgelöst wurden.
Sicher ist: Die wenigsten Probleme lösen sich von allein. Führungskräfte müssen deshalb die Fähigkeit besitzen, erfolgreiche Kritikgespräche zu führen – also Gespräche, die positive Veränderung anstoßen und, wenn nötig, Grenzen setzen. So wird für Klarheit gesorgt und dem Gegenüber die Chance gegeben, sich weiterzuentwickeln und nicht dieselben Fehler wieder zu machen.
So die Theorie – in der Realität sieht das jedoch oft anders aus. Häufig fühlen sich Angestellte:r und Führungskraft beide unwohl: während der/die Mitarbeiter:in schnell in eine Verteidigungshaltung kommt und sich unverstanden fühlen kann, hat die Führungskraft Angst, ihr Gegenüber zu verletzten und die Arbeitsbeziehung nachhaltig zu beschädigen.
So sind Kritikpunkte am Ende nicht gelöst und die Situation bleibt für beide Seiten unbefriedigend. Im schlimmsten Fall werden Konflikte verkompliziert, verschleppt und unnötig aufgebauscht, bis es zur Eskalation kommt und ein hartes Eingreifen der Führungskraft nötig wird.
Kritikgespräche als Chance für Entwicklung
Kritikgespräche müssen jedoch nichts Negatives sein – im Gegenteil. Wir alle wünschen uns Feedback und Orientierungshilfen, die uns bei unserer beruflichen Entwicklung unterstützen. Kritik kann beides bieten, wenn sie sorgfältig geplant und klar kommuniziert wird. Da viele Kritikgespräche jedoch gar nicht oder ohne große Vorbereitung „aus dem Bauch heraus“ stattfinden, verschenken Führungskräfte hier oft Chancen, ihren Mitarbeitenden weiterzuhelfen. Denn richtig geführt können kritische Mitarbeitergespräche auch Entwicklungsgespräche sein.
Die folgenden acht Tipps helfen Dir, Kritikgespräche erfolgreich zu führen.
Tipp Nr. 1: Kritikgespräche vorbereiten
Eine sorgfältige Vorbereitung gibt Dir im Gespräch die nötige Sicherheit und Souveränität. Dazu gehört zum einen das Sammeln sachdienlicher Informationen. Kein Kritikgespräch sollte auf Basis von Spekulation stattfinden. Egal, ob es sich um die konkrete Arbeitsleistung der/des Mitarbeitenden, Beschwerden von anderen Teammitgliedern oder Hinweise von Personen außerhalb des Betriebs handelt: Verschaffe Dir einen Überblick über die Situation und bereite konkrete Beispiele oder Beweise für das Verhalten vor, das Du kritisieren möchtest, um eine Argumentationsbasis zurechtzulegen.
Ablaufplan erstellen
Um nichts zu vergessen, kann es helfen, ein klares Schema vorzubereiten und als Ablaufplan zu nutzen. Dazu kannst Du folgende Fragen nutzen:
- Was ist passiert?
- Wann ist es passiert?
- Welche Konsequenzen hat die Situation (für den/die Mitarbeitende:n/das Team/das Unternehmen)?
- Warum hat der/die Mitarbeiter:in so gehandelt?
- Welches Verhalten soll der/die Angestellte ablegen und wie soll er/sie sich zukünftig anders verhalten?
- Wird zur nachhaltigen Veränderung Unterstützung benötigt? Wenn ja, welche?
- Wie kann der Erfolg der Veränderung überprüft werden?
Tipp Nr. 2: Den richtigen Rahmen schaffen
Um eine Verhaltensänderung anzuregen, müssen Deine Mitarbeitenden die Kritik einsehen und annehmen können. Grundlegend dafür ist eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre in einem sicheren Umfeld. Aus diesem Grund sollte ein Kritikgespräch niemals im Team „vor versammelter Mannschaft“ stattfinden – das ist für die meisten Mitarbeitenden nicht nur demütigend, sondern auch demotivierend und sorgt dafür, dass Deine Beschäftigten das Vertrauen in Dich verlieren.
Lade Deine Mitarbeitenden stattdessen persönlich (telefonisch, in Person oder per Mail) zum Gespräch an einem Ort ein, an dem ihr euch ungestört und offen unterhalten könnt.
Tipp Nr. 3: Schnell handeln
Kritik sollte immer zeitnah angebracht werden. Umso länger Du wartest, desto größer ist die Verwirrung bei der kritisierten Person, wenn das kritisierte Verhalten „plötzlich“ zum Problem wird. Auch können durch die Verzögerung unangenehme Quereffekte und Folgeprobleme entstehen, die sich im Kritikgespräch nicht mehr so einfach auflösen lassen. Umso länger der/die Mitarbeitende das problematische Verhalten „trainiert“, desto schwieriger wird außerdem eine nachhaltige Verhaltensänderung.
Tipp Nr. 4: Sach- und Emotionsebene trennen
Kritikgespräche sind oft emotional aufgeladen. Verbale Fehltritte sorgen schnell dafür, dass die kritisierte Partie in Verteidigungshaltung geht und sich die Fronten verhärten. Eine positive Auflösung des Problems ist so kaum möglich. Deshalb ist es wichtig, dass Du die Sachebene (also Fakten zum kritisierten Problem) und die Emotionsebene (Gefühle und Beziehungen) im Gespräch voneinander trennst.
Werden beide Ebenen vermischt, können ungerechte Vorwürfe und Anschuldigungen die Folge sein und die Gesprächsatmosphäre kippen. Um ein respektvolles und wohlwollendes Miteinander zu fördern, solltest Du Dir als Führungskraft zum einen überlegen, welche sachliche Position Du einnimmst und wie Du diese klar, faktengeleitet und fair kommunizierst. Zum anderen solltest Du bewusst darauf achten, den/die Kritikempfänger:in als Menschen und Partner wahrzunehmen und dementsprechend respektvoll und empathisch zu behandeln.
Tipp Nr. 5: Nach Beweggründen fragen
Dazu gehört auch, die Sichtweise des/der Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Denn nur, wer das Warum kennt, versteht seine Angestellten. Frage deshalb nach den Beweggründen und gib dem/der Beschäftigten die Möglichkeit zu erklären, warum er/sie so gehandelt hat. In den seltensten Fällen haben Mitarbeitende aus böser Absicht gehandelt; eine Chance, sich zu erklären führt dazu, dass sich der/die Angestellte verstanden fühlt und eher auf die folgende Kritik eingeht.
Tipp Nr. 6: Lösungsweg festlegen
Nachdem die Sachlage geklärt wurde und dem/der Angestellten die Bedeutung des Fehlverhaltens deutlich gemacht wurde, kann gemeinsam ein Lösungsweg erarbeitet werden. Um für die notwendige Klarheit und Orientierung zu sorgen ist es wichtig, dass Du Deinem Gegenüber eine klare Vorstellung davon vermittelst welches Verhalten in Zukunft in ähnlichen Situationen erwartet wird.
Anschließend gilt es zu klären, ob auf dem Weg zur positiven Veränderung noch Hindernisse beseitigt werden müssen oder, ob der/die Angestellte dabei Unterstützung benötigt. So gibst Du dem/der Beschäftigten die Chance, sich weiterzuentwickeln.
Tipp Nr. 7: Zusammenfassung zum Gesprächsabschluss
Um das Gespräch abzuschließen ist es hilfreich, in einem schnellen Quercheck zu klären, ob alle Absprachen und Konsequenzen bei Nichtumsetzung verstanden wurden. Eine guter Weg Missverständnisse zu vermeiden ist es, den/die Angestellte:n zu bitten, das Besprochene noch einmal mit eigenen Worten zusammenzufassen.
Tipp Nr. 8: Nach dem Gespräch: Dranbleiben
Nach Abschluss des Gesprächs ist es wichtig, zu überprüfen, ob das Vereinbarte eingehalten wurde. Je nach Schwere des Vorfalls können dazu Folgetermine innerhalb von ein bis vier Wochen vereinbart werden. In diesen können Entwicklungsfortschritte reflektiert und Hilfe angeboten werden. Sollte sich zeigen, dass sich keine positive Veränderung einstellt, muss nachjustiert werden – notfalls auch mit einem weiteren Kritik- bzw. Entwicklungsgespräch.
Fazit: Klare Kritikgespräche helfen bei der Mitarbeiterentwicklung
Starke Führungskräfte suchen immer nach Möglichkeiten, ihre Beschäftigten bei der Weiterentwicklung zu unterstützen. Die beschriebenen Tipps helfen dabei, aus kritischen Mitarbeitergesprächen Entwicklungsmöglichkeiten zu machen. Sie zeigen Fehlverhalten und dessen Konsequenzen sehr deutlich auf, ermöglichen Mitarbeitenden jedoch auch die Chance auf positive Veränderung. Denn starke Führungskräfte wissen, dass sie nur dann zum langfristigen Erfolg des Unternehmens beitragen, wenn sie nicht gegen den Menschen arbeiten – sondern mit ihm.