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Verhaltensmuster: Autopiloten des Gehirns

Menschen sind Gewohnheitstiere. Im Laufe unseres Lebens etablieren wir in jedem Bereich die unterschiedlichsten Routinen, die uns zum einen das Leben erleichtern sollen – uns zum anderen jedoch auch schnell in einen Trott verfallen lassen, aus dem nur mit Mühe wieder ausgebrochen werden kann. Erlernte Verhaltensmuster spielen hierbei eine wichtige Rolle.

Was sind Verhaltensmuster?

Verhaltensmuster
Bild: Tamara Gak auf unsplash.com

Als Verhaltensmuster, Automatismen oder auch Behavioral Patterns bezeichnet man in derVerhaltensbiologie und in der Psychologie angeborene und erlernte Bewegungsabfolgen und Reaktionen, die in einer bestimmten Situation stets auf die gleiche Weise stattfinden.

Das Verhalten eines Menschen (also Reaktionen auf Reize, andere Menschen oder bestimmte Situationen) wird im Wesentlichen durch Muster gesteuert, welche neuronal im Gehirn abgespeichert sind – ganz ähnlich wie ein Programm auf einem Computer. Kommt ein Reiz im Gehirn an, wird automatisch das Programm gestartet, das für diesen speziellen Reiz angelegt wurde.

Wie entstehen Verhaltensmuster?

In der Psychologie werden Verhaltensmuster vor allem als eingeübte Handlungsweisen gedeutet. Bis zu ihrem fünften Lebensjahr handeln Kinder überwiegend aus dem Gefühlserleben heraus – bewusstes Denken und Logik entwickeln sich erst später. Bis zu diesem Zeitpunkt ist einem Kind nicht bewusst, welche positiven oder negativen Konsequenzen ein Verhalten hat. Die meisten Verhaltensweisen passieren zunächst zufällig oder instinktiv, können nach einer positiven Reaktion aus der Umwelt oder dem eigenen Emotionserleben jedoch verstärkt beobachtet werden.

In diesen formativen Jahren erlernen Kinder also, welches Verhalten dazu führt, dass negative Emotionen wie Angst oder Schmerz vermieden werden können und welches mit positiven Reaktionen aus der Umwelt belohnt wird. „Gibt es eine Belohnung für die Aktion, wird das Kind sie wiederholen“, erklärt Lars Schwabe, Kognitionspsychologe an der Universität Hamburg.

Basalganglien als Speicherplatz für Gewohnheiten

Lobt eine Bezugsperson ein Kind also beispielsweise für das Bauen eines Turm aus Holzklötzchen, wird es dieses Verhalten wiederholen – so lange, bis der Vorgang zur Routine wird und das Kind nicht mehr seine volle Aufmerksamkeit benötigt, um die Holzklötze übereinander zu stapeln. Der Prozess „Turmbauen“ wurde vom Bewusstsein in tiefere Hirnregionen verschoben, bis hin zu einem Verband aus Nervenzellen, der für Routinehandlungen und Spontanität verantwortlich ist: den sogenannten Basalganglien.

Das Turmbauen wird hier vom Gehirn als automatisches Programm abgespeichert. Immer, wenn das Kind in Zukunft Klötze übereinanderstapelt und dieses Programm aktiviert wird, befindet sich das Gehirn nun im Entspannungsmodus.

Kreislauf der Gewohnheit

Dabei wird allerdings nur während des Turmbaus Energie gespart, nicht zu Beginn und Ende. Am Anfang der Aktion muss das Gehirn zunächst einmal erkennen, dass ein Turm gebaut und das Programm aktiviert werden muss. Dies geschieht durch einen Auslösereiz, z.B. die Holzklötzchen, die lose auf dem Boden liegen. Am Ende wird vom Gehirn wiederrum überprüft, ob der erwartete Belohnungsreiz eingetreten ist – beispielsweise das Lob durch die Bezugsperson.

Auf die beschriebene Weise entwickeln wir vor allem in den ersten Lebensjahren zahllose Verhaltensmuster. Diese kann man sich als Kreislauf aus drei Schritten vorstellen, die ständig von neuem beginnen:

    • Schritt 1: Der Auslöser (äußerer oder innerer Reiz, der die Gewohnheit auslöst)
    • Schritt 2: Die Gewohnheit (in Form von Gedanken, Emotionen oder Handlungen)
    • Schritt 3: Die Belohnung (Motivation hinter der Gewohnheit)

Automatismen entstehen dabei jedoch nicht nur im Kindes- und Jugendalter. Schwabe erklärt: „Der Mensch gewöhnt sich in jeder Lebensphase neue Verhaltensmuster an“.

Welche Vorteile haben Verhaltensmuster?

Verhaltensmuster haben vor allem einen großen Vorteil: Sie sparen Energie und kognitiven Raum. Müssten wir sämtliche Entscheidungen eines Tages bewusst und aufmerksam treffen – Wie schraube ich meine Zahnpastatube auf? Muss ich zuerst schalten oder kuppeln? Welche Socke sollte ich zuerst anziehen? – wäre unsere Gehirn schon nach kürzester Zeit überfordert. Gewohnheiten ersparen uns diese zusätzliche Denkleistung.

Die so eingesparte Energie wird vom Gehirn benötigt, um in Stress- und Gefahrensituationen blitzschnell entscheiden und Risiken minimieren zu können.
Die eingesparte Energie braucht das Hirn, für die eigentlich wichtigen Aufgaben des Alltags: Organisieren, Planen und Entwickeln – und um in Stresssituationen blitzschnell zu entscheiden und Risiken zu minimieren.

Welche Nachteile haben Verhaltensmuster?

Problematisch wird es dann, wenn die erlernten Verhaltensmuster nicht länger angemessen sind und/oder auf lange Sicht negative Konsequenzen nach sich ziehen. Denn das Gehirn ist nicht in der Lage, zwischen guten und schlechten Verhaltensmustern zu unterscheiden und speichert so auch maladaptive Gewohnheiten als Routine ab, wie z.B. den Griff nach Süßigkeiten in Stresssituationen. Wurde das Verhalten durch häufige Wiederholung in die Basalganglien verschoben, reagiert der Körper auf Stress automatisch mit dem Verlangen nach Zucker.

Es braucht demnach Zeit, Bewusstsein und Ruhe, um einmal etablierte Verhaltensmuster zu ändern. Die Auslöser des unerwünschten Verhaltens müssen identifiziert und diesen eine gesunde Alternative entgegengesetzt werden. Das braucht Zeit: Studien zufolge benötigt das Hirn zwischen 20 und 250 Tagen, um alte Verhaltensmuster durch neue zu ersetzen. Stress erschwert die Umstellung, da das Frontalhirn bei einer Ausschüttung von Stresshormonen zurückgefahren und auf in den Basalganglien gespeicherte Verhaltensmuster zurückgegriffen wird.

Fazit

Verhaltensmuster erfüllen wichtige Aufgaben im Alltag, können uns aber auch behindern, wenn Sie schädlich sind. Um gezielt an schädlichen Verhaltensmustern zu arbeiten und neue Verhaltensweisen zu entwickeln, eignet sich Coachingprozess mit einem professionellen Coach.

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