Neuen Rollen im New Leadership: Führungskraft als Coach und Sponsor
Die heutige Arbeitswelt unterliegt einem rasanten Wandel: Unternehmen müssen auf immer mehr Herausforderungen reagieren – sei es Globalisierung, der verschärfte Wettbewerb oder die Digitalisierung und der damit einhergehenden, massiven Informationsaustausch.
Dazu kommen die verschiedenen Erwartungen und Forderungen, welche die unterschiedlichen Arbeitnehmer:innen-Generationen an ihr Unternehmen stellen. Hier erfährst Du, wie Du Dich diesen neuen Herausforderungen als Coach und Sponsor Deiner Angestellten stellst – und welche Rollenkonflikte Dir dabei im Weg stehen können.
Neue Generationen, neue Herausforderungen, New Leadership
Studien zeigen: junge Mitarbeiter:innen wünschen sich keinen Leader, sondern einen Förderer. So werden alte Führungsmodelle zunehmend obsolet. Führungskräfte müssen also umdenken, wenn sie Mitarbeiter:innen langfristig an sich binden wollen.
Während die Generation der Baby Boomer (geb. 1946 – 1964) sich langsam, aber sicher auf die Rente zubewegt und Generation X (geb. 1965 – 1980) schon seit einigen Jahren mitten im Berufsleben steht, kommt langsam eine neue Generation im Arbeitsalltag an – Generation Y (1981 – 1996), auch bekannt als Millenials. Viele Unternehmen versuchen, die junge Generation mit einer besonders lässigen Arbeitsumgebung zu locken und setzen dabei auf Avocado-Toast in der Mensa, Videospiele in den Gemeinschaftsräumen und hochmoderne Arbeitsbereiche.
Dabei deuten die Forschungsergebnisse des Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallups darauf hin, dass die jungen Mitarbeiter:innen viel grundlegendere Wünsche an ihren idealen Arbeitsplatz stellen: Angestellte von heute sind vor allem an einer hervorragenden Führungskraft interessiert.
Neue Führungskräfte sind integer und authentisch
In fast allen Branchen gilt heutzutage durchgängig der Grundsatz „Autonomy, Mastery, Purpose“. Mitarbeiter:innen wollen ihre Gestaltungsfreiheit nutzen können, eigene Lösungen erarbeiten, aber gleichzeitig durch Führungspersonen als Mensch gesehen und in ihrer Weiterentwicklung unterstützt werden. Zukunftsfähige Unternehmen brauchen Führungskräfte, die eine offene und wertschätzende Diskussionskultur ermutigen und Kritik und andere Meinungen nicht nur annehmen, sondern zur Optimierung von Prozessen zu nutzen wissen.
Auch unter den Top 10 der Erwartungen von Mitarbeiter:innen an ihre Unternehmen finden sich im Engagement Index 2016 Aspekte wie das Verlangen nach Gestaltungsspielraum und der Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Dennoch stimmen in Umfragen lediglich 35 Prozent aller Arbeitnehmer:innen in Deutschland der Aussage vollständig zu, dass ihre Vorgesetzten den Wert auf die Förderung ihrer Stärken und positiven Eigenschaften legen.
Führungsmentalität muss sich verändern
Unternehmen, die zukunftsfähig bleiben und Mitarbeiter:innen langfristig binden wollen, sollten also in die persönliche Entwicklung ihrer Angestellten investieren. Für viele geht der Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung mit einem Verlangen nach kontinuierlichem Feedback, individueller Leistungsförderung und selbstbestimmten Handeln einher.
Führungskräfte werden dadurch vor große Herausforderungen gestellt. Die Umstellung des Performance-Management-Systems reicht nicht aus, um den neuen Wünschen der Mitarbeiter:innen gerecht zu werden. Es ist nötig, dass der geforderte neue Führungsstil von der Führungskraft angenommen und gelebt wird. Es muss also ein persönlicher, innerer Wandel stattfinden – die generelle Führungsmentalität und das Verständnis für die eigene Funktion als Führungskraft müssen sich verändern.
Heutige Führungskräfte sollten sich nicht mehr nur als klassischer Chef sehen, sondern vielmehr zum Sponsor und Coach ihrer Mitarbeiter:innen werden. Sie agieren als Begleiter, die Mitarbeiter:innen dabei unterstützen, selbstständig Ziele festzulegen und diese mithilfe der eigenen Stärken zu erreichen.
Die Führungskraft als Sponsor
Im Marketing bezeichnet Sponsoring Maßnahmen zur Kundengewinnung, bei der Unternehmen in Veranstaltungen und Sportler:innen investieren und diese öffentlich unterstützen, um so auf ihre Marke aufmerksam zu machen. Auch Führungskräfte können im New Leadership als „Sponsor“ für ihre Mitarbeiter:innen agieren und sich als Fürsprecher für diese einsetzen. Häufig handelt es sich bei Führungskräften um Personen mit einem hohen Status, die über die entsprechenden Netzwerke verfügen, um Entscheidungen zu beeinflussen und ihre „Gesponserten“ so zu unterstützen. Selbstverständlich sollen Mitarbeiter:innen nicht einfach unabhängig von ihren Leistungen ge- und befördert werden; vielmehr geht es darum, die individuellen Bemühungen und Stärken seiner Angestellten zu erkennen und sich dafür einzusetzen, dass sie entsprechend ihrer Talente innerhalb der Organisation weiterkommen.
Die Führungskraft als Coach?
Noch wichtiger als die Funktion einer Führungskraft als Sponsor ist die Funktion als „Coach“ der Mitarbeiter:innen. Beim Coaching handelt sich um eine leistungs- und aufgabenorientierte Beziehung zwischen einem fachkundigen und erfahrenen Coach und einem Mitarbeitenden bzw. einer Gruppe Mitarbeitender. Diese Beziehung wirkt sich sowohl positiv auf den Erfolg der Angestellten als auch auf den des Unternehmens aus, denn sie basiert nicht nur auf einmaligen Feedbacks und Trainingseinheiten.
Allerdings besteht beim Coaching-orientierten Führungsstil ein wichtiger Unterschied zum klassischen Coaching:
Ein Coach ist für gewöhnlich eine Person, die dem/der Gecoachten („Coachee“) bei der individuellen Weiterentwicklung oder Lösung eines Problems unterstützt. Dabei verfolgt der Coach keine persönlichen Interessen, sondern hilft dem Coachee dabei, seine selbst gesteckten Ziele zu erreichen.
Eine Führungskraft ist hingegen nicht nur dem/der einzelnen Mitarbeitenden verpflichtet: sie muss stattdessen auch die Bedürfnisse des restlichen Teams berücksichtigen und die Unternehmensinteressen vertreten. Ein Kernaspekt der Führungsrolle ist das Ausüben einer gewissen Kontrolle über Mitarbeitende, ebenso wie die Beurteilung der geleisteten Arbeit – schließlich ist letztendlich die Führungskraft dafür verantwortlich, dass die Unternehmensziele erreicht werden.
Der Rollenkonflikt
Umso wichtiger ist es, ein klares Rollenverständnis zu entwickeln. Das bedeutet, sich der Erwartungen und Anforderungen klarzumachen, die mit der Rolle des Coachs bzw. der Rolle der Führungskraft verbunden sind.
Denn im Gegensatz zu Coach und Coachee, die sich auf Augenhöhe befinden, besteht zwischen Führungskraft und Angestellten eine komplementäre, hierarchische Beziehung. Das heißt: ein Angestellter kann die Führungskraft nicht wie einen Coach einfach entlassen, wenn er mit der Art der Anleitung nicht zufrieden ist. Umgekehrt kann eine Führungskraft nicht auf alle individuell gesteckten Ziele eines einzelnen Angestellten eingehen, sondern muss diese in Einklang mit den übergeordneten Unternehmenszielen bringen.
Darüber hinaus sind Führungskraft und Angestellte in gewisser Weise voneinander abhängig: der/die Mitarbeitende verlässt sich darauf, dass die Führungskraft ihre Interessen vertritt und den Arbeitsalltag auf eine Erreichung der Unternehmensziele ausrichtet. Um Letzteres zu ermöglichen, ist die Führungskraft im Umkehrschluss auf die Mitarbeit der Angestellten angewiesen.
Aufgrund dieses Abhängigkeitsverhältnisses und des Machtgefälles zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden sind dem Mitarbeitercoaching Grenzen gesetzt – innerhalb derer aber dennoch viel möglich ist! Denn: Du kannst die berufliche Entwicklung Deiner Mitarbeitenden unterstützen, indem Du auf einen Coaching-orientierten Führungsstil setzt.
Der Coaching-orientierte Führungsstil
Wie auch beim klassischen Coaching zielt dieser Führungsstil darauf, ab, Deine Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, ihre eignen Fähigkeiten zu erweitern und sie in folgenden Bereichen besonders zu fördern:
- Eigenverantwortung
- Selbstorganisation
- Motivation
- Selbstvertrauen
Das schaffst Du, indem Du beispielsweise beobachtest, wie bestimmte Aufgaben ausgeführt werden und im Anschluss konstruktive Kritik anbietest, die zu einer Verbesserung der Ergebnisse führen soll. Um Wachstums- und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren, ist dabei besonders der Aspekt des aktiven Zuhörens wichtig. Durch eine konstruktive Interaktion kannst Du Mitarbeiter:innen in der Rolle des Coaches dabei helfen, ein besseres Bewusstsein für den Entwicklungsbedarf ihrer Fähigkeiten zu erlangen und zukünftig selbst die Verantwortung für Verbesserung zu übernehmen.
Den Coaching-Stil leben
Wichtig für den Erfolg des Coachings ist, dass dieses soweit wie möglich auf die individuellen Bedürfnisse der/des jeweiligen Mitarbeitenden zugeschnitten ist. Am besten eignen sich dafür spezielle Coaching-Sessions, in denen Du mit dem/der einzelnen Mitarbeitenden in einem persönlichen Gespräch über individuelle Entwicklungspotenziale sprichst.
Diese Personalisierung macht die Mitarbeiter:innen nicht nur zu kompetenteren Angestellten und erhöht die Mitarbeiter:innenbindung an das Unternehmen, sondern steigert außerdem die Motivation, die eigenen Ziele zu erreichen, wovon das Unternehmen ebenfalls langfristig profitiert.
Praxistipp: so startest Du eine Coaching-Session
Wenn Du anfangen willst, bewusst in eine coachende Führungsrolle zu wechseln, kann es hilfreich sein, den Wechsel mit Hilfe von Übergangsritualen deutlich zu machen. Damit sind Strategien gemeint, die den Übergang von einer zur anderen Rolle kennzeichnen und den Start einer Coaching-Session anzeigen. Diese Abgrenzungs- und Integrationsstrategien können zeitlicher, räumlich-gegenständlicher oder auch kommunikativer Art sein.
So kannst Du beispielsweise bewusst eine kurze Arbeitspause einlegen und einen Kaffee mit dem/der Mitarbeitenden trinken, mit dem Du eine Coachingsession starten möchtest. Auch ein Platz- oder Raumwechsel mit dem Rollenwechsel zu verbinden, hat sich bewährt. Eine andere Möglichkeit wäre es, die letzte halbe Stunde des Arbeitstages zu reservieren und den Mitarbeitenden durch eine geöffnete Bürotür zu zeigen, dass sie ab jetzt auch ohne Termin mit persönlichen Anliegen vorbeikommen können. Manche Führungskräfte ziehen außerdem beispielsweise ihr Jackett aus oder setzen Tee an, um den Wechsel in die Coaching-Rolle anzuzeigen. Wähle eine Strategie, die zu Dir und dem Coach, der Du für deine Angestellten sein willst, passt.
Fazit
Moderne Führungskräfte brauchen mehr als organisatorische Fähigkeiten und fachliche Kenntnisse. Als authentische und integre Vorbilder schaffen die „New Leader“ Vertrauen und Sicherheit und unterstützen ihre Angestellten bestmöglich in ihrer beruflichen und individuellen Entwicklung. Besonders gelingt dies in der Rolle des Sponsors, sowie mithilfe eines „coachenden“ Führungsstils. Letzterer zielt auf eine individuelle Förderung der einzelnen Mitarbeitenden durch die Führungskraft ab, wozu Strategien aus dem klassischen Business-Coaching verwendet werden.