Vier klassische Führungsstile – und wie Du sie einsetzt
Die Führung von Angestellten braucht Methode. Denn beim Umgang mit Mitarbeitenden kann viel gewonnen, aber auch verloren werden. Führungsstil-Modelle versuchen das Verhalten der Führungskraft zu beschreiben und zu klassifizieren.
Wir stellen Dir die vier klassischen Modelle vor und verraten Dir, wann Du diese am wirkungsvollsten einsetzen kannst.
1. Autoritärer Führungsstil
Beim autoritären Führungsstil hat die Führungskraft eine uneingeschränkte Machtposition inne. Mitarbeitende haben in diesem Modell nahezu kein Mitspracherecht. Entscheidungen werden ausschließlich durch die Führungsspitze getroffen, da nur diese eine klare Vorstellung von ihrer Strategie hat. Mitarbeitende des Teams werden nur bei akutem Bedarf in die Entscheidungsfindung mit einbezogen.
Autoritäre Führungskräfte sehen sich nicht als Teil eines Teams, sondern als externe, übergeordnete Instanz. Auch wenn es zunächst so klingt, sind deshalb nicht alle autoritären Führungskräfte unsympathisch oder feindselig. In der Regel ist ihr Verhalten freundlich, aber bestimmt, wenn auch gelegentlich etwas distanziert.
Typische Überzeugungen einer autoritären Führungskraft sind:
- „Meine Erkenntnisse sind wertvoller als die des Teams.“
- „Nur ich habe die nötige Kompetenz, wichtige Entscheidungen für das Team zu treffen.“
- „Bei Meinungsverschiedenheiten im Team bin ich normalerweise Recht.“
- „Zu viele Köche verderben den Brei.“
Vorteile des autoritären Führungsstils:
- Besitzt die Führungskraft die nötige Kompetenz, ist der Führungsstil oft erfolgreich im Hinblick auf:
- das Einhalten enger Fristen
- entschlossenes Handeln unter Zeitdruck
- das Treffen schwieriger Entscheidungen
- Der autoritäre Führungsstil überlässt der Führungskraft die komplette Kontrolle über Entscheidungsprozesse und somit auch das Endergebnis.
Nachteile des autoritären Führungsstils:
- Er unterdrückt die Kreativität/individuelle Entwicklung der Mitarbeitenden.
- Ggf. hilfreicher Input von Mitarbeitenden wird kaum miteinbezogen.
- Auch kleinere Entscheidungen müssen von der Führungskraft genehmigt werden (hoher Zeit-/Verwaltungsaufwand)
- Das Verhalten autoritärerer Führungskräfte schafft Distanz zu Mitarbeitenden, welche sich negativ auf die Stimmung und Motivation auswirken kann.
- Das Selbstwirksamkeitsempfinden der Mitarbeitenden (das nachgewiesenermaßen Einfluss auf Arbeitszufriedenheit und -motivation hat) ist sehr niedrig.
- Bei mangelnder Kompetenz der Führungskraft können Fehlentscheidungen nicht durch Mitarbeitende verhindert werden.
2. Integrierender Führungsstil
Der integrierende Führungsstil zielt darauf ab, das Selbstvertrauen der Mitarbeitenden zu stärken und diese zunehmend in Entscheidungsprozesse zu integrieren. Zu diesem Zweck erklärt die Führungskraft ihre Entscheidungen und versucht, Prozesse nachvollziehbar zu machen. Die Führungskraft setzt Ziele und gibt klare Vorgaben zur Aufgabenverteilung. Bei Problemen entwickelt sie einen Plan zur Problemlösung und bespricht diesen anschließend mit dem Team.
Im laufenden Projektprozess steuert und bewertet die Führungskraft die Arbeit der Mitarbeitenden, hinterfragt die Vorgehensweise und überprüft das Arbeitsergebnis. Bei Fehlern reflektiert sie mit dem/der Angestellten den Prozess und gibt Hilfestellung zur zukünftigen Fehlervermeidung.
Typische Überzeugungen integrierender Führungskräfte sind:
- „Ich berücksichtige den Input meiner Mitarbeitenden, treffe Entscheidungen jedoch überwiegend selbstständig.“
- „Ich sichere die Qualität, indem ich die Arbeit meiner Mitarbeitenden regelmäßig kontrolliere und ggf. nachjustiere.“
- „Ich helfe meinen Angestellten dabei, qualifizierte Entscheidungen zu treffen, indem ich meine Entscheidungsprozesse erkläre.“
Vorteile des integrativen Führungsstils:
- Die Kompetenzen der Teammitglieder werden gefördert, ohne dass die Qualität der Arbeit darunter leidet.
- Die Führungskraft hat weitestgehend Kontrolle über Entscheidungen und Prozesse.
- Der Input der Mitarbeitenden wird berücksichtigt.
Nachteile des integrativen Führungsstils:
- Erklärung von Entscheidungsprozessen und regelmäßige Kontrolle des Arbeitsfortschritts erfordern viel Zeit und Aufwand.
- Durch den hohen Aufwand seitens der Führungskraft ist der integrierende Führungsstil der unproduktivste der vier klassischen Modelle.
Für gewöhnlich ist der integrierende Führungsstil jedoch nur ein Zwischenschritt, der langfristig auf einen Übergang in einen partizipativen oder sogar delegierenden Führungsstil abzielt.
3. Partizipativer Führungsstil
Führungskräfte, welche einen partizipativen Führungsstil bevorzugen, sind offen für die Meinung anderer. Sie schätzen die Zusammenarbeit und räumen große Entscheidungsspielräume für die Mitarbeitenden ein. Auch wenn die Führungskraft letztendlich das letzte Wort hat, wird die Verantwortung für die Entscheidungsfindung unter allen Beteiligten aufgeteilt.
Wie der Name schon sagt, sind partizipierende Führungspersonen Teil des Teams. Sie investieren Energie und Zeit in die Erfolge ihrer Angestellten, da sie wissen, dass dies dem übergeordneten Ziel dient. Der partizipative Führungsstil eignet sich vor allem für Führungskräfte, die Bestleistungen in einem kollaborativen Team erbringen.
Typische Überzeugungen partizipativer Führungskräfte wären beispielsweise:
- „Um meiner Rolle als Führungskraft gerecht zu werden, priorisiere ich die Erkenntnisse des Teams.“
- „Um Meinungsverschiedenheiten zu klären, sollten wir alle Positionen betrachten und versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden.“
- „Andere Standpunkte zu berücksichtigen, führt am Ende zu einem besseren Ergebnis.“
Vorteile des partizipativen Führungsstils:
- Er fördert hochwertige und kreative Beiträge, da vielseitiger Input berücksichtig wird.
- Der partizipative Führungsstil fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl im Team sowie die Kompetenzen der einzelnen Mitarbeitenden.
- Alle Beteiligten verstehen die übergeordnete Strategie und sind so motivierter, Erfolge zu erzielen.
Nachteile des kooperativen Führungsstils:
- Teams mit partizipativen Führungskräften benötigen oft mehr Zeit für Entscheidungsprozesse als diejenigen, die von autoritativen Führungskräften geleitet werden.
- Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist eine hohe Motivation der einzelnen Teammitglieder gefragt.
4. Delegierender Führungsstil
Delegierende Führungskräfte lassen ihrem Team volle Freiheit bei der Entscheidungsfindung und stehen eher als eine Art Zuschauer außerhalb der Gruppe. Sie geben selten Rückmeldung und mischen sich nur bei Bedarf korrigierend in den Projektverlauf ein.
Typische Überzeugungen einer delegierenden Führungskräfte wären beispielsweise:
- „Die Gruppe entscheidet, was am besten funktioniert.“
- „Bei Meinungsverschiedenheiten kann auch ohne mich eine Entscheidung gefällt werden.“
- „Ich stelle die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung, verlasse mich aber sonst auf eine weitestgehend selbständige Entscheidungsfindung meines Teams.“
- „Mitarbeitende mit Standpunkten, die sich von meinen unterscheiden, können ihre Ansätze selbst ausprobieren.“
Vorteile des delegierenden Führungsstils:
- Wenn alle Gruppenmitglieder qualifizierte Fachleute sind, werden oft sehr gute Ergebnisse erzielt.
- Mitarbeitende mit einem hohen Autonomiebedürfnis sind mit einem delegierenden Führungsstil oft am glücklichsten.
- Die individuellen Kompetenzen der Mitarbeitenden können sich frei entwickeln.
- Führungskräfte müssen sich nur wenig einbringen, um gute Ergebnisse zu erzielen.
Nachteile des delegierenden Führungsstils:
- Teams mit delegierender Führung sind Studien zufolge weniger produktiv, als autoritär oder partizipativ geführte Gruppen, wenn nicht alle Mitarbeitenden hohe Kompetenz aufweisen.
- Rollen und Verantwortungsbereiche sind bei diesem Führungsstil oft unklar und müssen für gute Ergebnisse frühzeitig definiert werden.
- Bei Misserfolgen kann es vorkommen, dass Teammitglieder sich gegenseitig Schuld zuweisen, anstatt Verantwortung zu übernehmen.
- Die Führungskraft hat wenig Kontrolle über Projektverläufe und -ergebnisse.
Der situative Führungsstil
Alle der vier vorgestellten Führungsstile sind bereits seit einigen Jahren wichtiger Bestandteil der Unternehmensforschung. Dabei zeigte sich, dass der Führungserfolg nicht nur von Persönlichkeitsmerkmalen oder dem Verhalten der Führungskraft abhängt, sondern auch von den Rahmenbedingungen. Aus diesem Grund empfehlen Experten immer häufiger einen neuen Führungsansatz, der alle genannten Führungsmodelle kombiniert: die situative Führung.
Beim situativen Führungsstil werden klassische Führungsmodelle flexibel angewandt. Das Führungsverhalten wird bestimmt von der Situation, in der geführt wird. Dabei entscheiden vor allem zwei Faktoren darüber, welcher Führungsstil am besten geeignet ist: der Schwierigkeitsgrad der Arbeitsaufgabe sowie der „Reifegrad“ (Kompetenz und Motivation) der Mitarbeitenden.
Ist der „Reifegrad“ der Mitarbeitenden niedrig – weil weder ausreichend Kompetenzen, noch genug Motivation vorhanden ist – ist eine eher autoritäre Führung gefragt. Indem die Führungskraft dem/der Angestellten klare Vorgaben gibt, vermeidet sie Fehler und erleichtert das Erlernen von Kompetenzen in den jeweiligen Aufgabenbereich. Durch einen integrierenden Führungsstil kann die Kompetenz der Mitarbeitenden gezielt gesteigert werden. Mit zunehmender Reife der Mitarbeitenden kann auch der Autoritätsgrad des Führungsstils angepasst werden – hin zum partizipativen oder sogar einem delegierenden Führungsstil. Ist ein Arbeitsauftrag sehr komplex, zum Beispiel weil er neue Kompetenzen der Mitarbeitenden erfordert, kann der Autoritätsgrad erhöht werden, um den Angestellten zusätzliche Unterstützung zu bieten.
Fazit: erfolgreiche Führungskräfte führen situativ
Welcher Führungsstil am effektivsten ist, hängt nicht nur von der Persönlichkeit der Führungskraft ab, sondern auch von den jeweiligen Rahmenbedingungen. Als besonders erfolgreich gilt deshalb die situative Führung, bei der Führungskräfte den Autoritätsgrad ihres Führungsstils flexibel an die jeweilige Situation anpassen.
Die wichtigste Aufgabe der Führungskraft besteht darin, zu entscheiden, wie viel Unterstützung ein:e Mitarbeiter:in benötigt, um die eigenen Kompetenzen auszubauen und gleichzeitig einen erfolgreichen Projektabschluss zu garantieren. Dabei darf jedoch auch das Autonomiebedürfnis der Mitarbeitenden nicht vernachlässigt werden – gerade kompetente Mitarbeitende fühlen sich durch übermäßige „Unterstützung“ in ihrer Rolle als Fachkraft nicht ernst genommen und verlieren so an Motivation.